Manch einer mag sich jetzt fragen, warum ich diesen Text geschrieben habe, aber diese Frage lässt sichganz leicht beantworten.
Als ich meine Tasche für den Lehrgang am 01.10.11 gepackt habe, war das erste, was ich eingepackt habe natürlich mein Pass und dabei fand ich auch meinen alten DJKB Pass, mit einem Bild aufgenommen als ich in der dritten Klasse war. Ich bin demnach am 01.04.1997 in das Zentral Dojo eingetreten. Kaum zu glauben aus dem „Aprilscherz“ aus dem Jahre 1997 ist ein längerfristiges Unterfangen geworden.
Es begann damals alles damit, dass mein Freund aus Kindertagen, Alex, und ich von unseren Eltern zum Karate überredet und angemeldet wurden. Er wollte es gerne ausprobieren aber jedoch nicht alleine und damit kam ich dann ins Spiel. Also wurde mein Judoanzug aus den Tiefsten meines Schranks herausgekramt.
Es war beschlossene Sache, wir fuhren dann an einem Freitag zum Kindertraining, welches damals noch von Anni geleitet wurde. Wir durften gleich mittrainieren und lernten unsere ersten tsukis, sowohl yodan als auch chudan. Als diese dann für halbwegs passabel erachtet wurden durften wir uns dann im Zenkutsu- Dachi fortbewegen, aber erst mal ohne Fausttechniken. Die erste Stunde war dann schon fast rum und die anderen Kinder, die schon etwas länger dabei waren, haben dann noch einmal ihre Kata vorgeführt. Ich dachte mir „WOW, nicht schlecht“! Die nächste Woche kamen wir dann wieder und uns wurde dann auch bald der erste Fußtritt beigebracht, mae-geri. Die Methode, mit der er uns beigebracht wurde sollte mir mein weiteres Karateleben in Erinnerung bleiben. Anni nahm eine der Holzbänke, die an der Seite standen, und stellte sie in die Mitte der Halle und wir sollten nun darüber treten. Man kann sich nun gut vorstellen, dass ich nicht ganz ohne blaue Flecken aus dem Training kam, aber ich bilde mir ein, dass es was gebracht hat und Jahre später sollte ich diese Lernmethode selber noch einmal aus meinem Ärmel schütteln, aber dazu später mehr.
Drei Monate später am 01.07.1997 durften wir dann unsere erste Prüfung absolvieren und ich war schon ganz aufgeregt, denn ich würde ja nun die Prüfung zum gelben Gurt ablegen, aber weit gefehlt. Wir mussten uns erst einmal den weißen Gürtel verdienen!
Die Kinderprüfungen wurden damals noch separat von den anderen Prüfungen absolviert und so stand ich dann wieder an diesem Freitag zur normalen Trainingszeit in der Halle und es kam ein mir bis dato unbekanntes Gesicht in die Halle, Sensei Norbert „Nobi“ Förster. Das erste was mich erstaunte war,dass er ja auch nur einen „weißen“ Gurt hatte. Wir führten nun alle unser gesamtes Karatekönnen vor und am Ende holte Nobi uns dann nochmal zusammen, um uns noch ein bißchen Theorie abzufragen. Ich sollte ihm den Begriff „Kiai“ erklären und meine Antwort war, dass es der Kampfschrei sei. Diese Antwort war ihm aber noch nicht ausreichend genug und er fragte mich, wann ich denn eine Kiai machen würde und meine Antwort war: „immer nach der fünften Technik“, schließlich haben wir es beim Training immer so gemacht. Nobis Reaktion auf diese Antwort war ein Lächeln und er erklärte es mir dann noch mal richtig. Am Ende war dann aber doch alles gut und wir durften nun mit Stolz unseren weißen Gurt tragen.
Die Jahre vergingen nun wie im Fluge, mein Wissen über Karate wuchs (zumindest hoffe ich das) und ich konnte alle 6-7 Monate eine Kyu Prüfung ablegen, bei welcher, ich glaube es war die Prüfung zum 7. Kyu, mich Nobi dann irgendwann fragte, warum ich denn noch immer mit meinem Judoanzug rumlaufen würde, schließlich trainieren wir hier Karate und nicht Judo.
Mit den Jahren wechselten dann auch meine Trainer, und ich landete dann irgendwann bei Katjas Trainingseinheit in einer Sporthalle neben der AOK.
Hier kam es dann auch zu meinem ersten Kontakt mit Nobi abseits der Prüfungen, denn er wollte uns Kinder auch mal ein bißchen durch die Halle scheuchen und wir zeigten ihm all unser Können. Als er mich dann aber etwas während des Trainings fragte und ich ihn siezte gab es erst mal einen kleinen Klaps auf den Kopf, diese Prozedere wiederholte sich dann noch drei- viermal, bis ich meinen Fehler bemerkte bzw. Nobi mich aufklärte.
Bei diesen Trainingseinheiten lernte ich dann noch jemanden kennen, die Rede hier ist von Jenni. Da wir uns einfach zu gut verstanden und uns ständig irgendwie ärgern mussten, brachte uns dies immer mal wieder die Aufmerksamkeit des Trainers ein.
Mit immer mehr abgelegten Kyu Prüfungen war es dann irgendwann soweit, dass ich mal bei den Erwachsenen am Freitag reinschnuppern sollte. Ich versuchte mein Glück, aber irgendwie war es anders, die waren alle größer, stärker, besser und sie machten mir ein bißchen Angst und so überlegte ich es mir immer, ob ich jetzt Freitags zu den Erwachsenen oder doch lieber zu meiner alten bekannten Jugendgruppe gehen sollte. Als diese jedoch immer kleiner wurde, war der Entschluss gefasst, ich trainiere bei den Großen mit, zumindest einmal die Woche, schließlich gab es ja noch das Jugendtraining am Dienstag.
Mit meiner abgelegten Prüfung zum 6. Kyu hat mich dann ein Kumpel einfach mal mit zum Mittwochstraining geschleppt, welches zu dem Zeitpunkt noch von Arthur geleitet wurde. Dort gefiel es mir dann auf Anhieb so gut, dass ich mir dachte, dass ich die Dienstagsgruppe aufgebe und jetzt nur noch Mittwochs und Freitags bei den Erwachsenen mittrainieren werde. Und für die nächsten Jahre wurden das dann auch meine Standarttrainingseinheiten.
Meine Techniken wurden scheinbar immer besser, denn ich durfte die Prüfung zum 3. Kyu, dem ersten Braungurt ablegen und ich war dann auch ganz Stolz, als ich diesen von Arthur überreicht bekommen habe.
Ein Jahr später wollte sich dann Nobi ein Bild davon machen, ob ich denn überhaupt den braunen Gurt verdient habe und es schien, als sei er zufrieden, denn ich hatte soeben die Prüfung zum 2. Kyu bestanden.
Das nächste Jahr war damit gekennzeichnet, dass Nobi in Japan war und ich von den beiden Burkhards und Gunnar auf meine nächste Prüfung vorbereitet wurde, welche mir dann von Thomas Volkmann aus Hamburg abgenommen wurde. Dieser wurde von Burkhard Drinkewitz über mein Können informiert und auch damit beauftragt mich ein bißchen zu „fordern“.
Da stand ich also nun am Samstag dem 05.04.2003 und musste erst mal ganz lange warten, bis ich an der Reihe war. Als ich dann endlich in die Halle durfte, stand ich ganz alleine vor einem Prüfer, den ich nicht kannte und einer ganzen Meute an Zuschauern, schließlich war ich der einzige, der sich heute seinen 1. Kyu verdienen wollte. Thomas nahm Burkis Worte scheinbar ziemlich ernst, wie er mir nach der Prüfung mit einem Lächeln gestand, denn er schenkte mir nichts, so dass ich bis zur völligen Erschöpfung kämpfen musste, was darin endete das ich nach zwei Kata, die er als Vorkenntnis sehen wollte, meine Prüfungskata, Bassai Dai, nur noch mit halber Kraft machen konnte. Aber was schon beim Training nicht klappen kann, wird natürlich auch bei einer Prüfung nicht klappen und Thomas merkte, dass ich vollkommen fertig war und er gönnte mir eine kleine Pause. Als ich dann endlich wieder atmen konnte, durfte ich dann nochmal mit der Bassai Dai anfangen und sie dann auch so vorführen, wie er es sehen wollte.
Ab jetzt hieß es nur noch irgendwie die nächsten 26 Monate rumzubekommen, damit ich endlich 18 werde um meinen ersten Dan machen zu können.
Als Nobi dann aus Japan wiederkam, kam er auch direkt auf mich zu und frage mich, ob ich Lust habe meine alte Trainingsgruppe am Dienstag zu übernehmen. Meine Antwort ließ natürlich nicht lange auf sich warten und ich sagte Ja! Und so geschah es dann, dass ich in der folgenden Woche vor einer Gruppe Jugendlicher stand und ihnen helfen sollte ihren Wissensdurst bezüglich Karate zu stillen. Die nächsten paar Wochen begleitete mich Nobi noch beim Training mit Hinweisen und Tipps, um mir die Nervosität zu nehmen, und um sich ein Bild von meinem Training zu machen.
Die nächsten zwei Jahre trainierte ich dann fleißig für eine Prüfung, die noch auf sich warten ließ und gab weiterhin den Jugendlichen ein Training, auf eine ähnliche Art und Weise, wie ich es damals genießen durfte und so wurde dann ab und zu wieder die Holzbank in die Mitte der Halle geholt, damit die Kiddies ihren mae geri verbessern konnten.
Es war soweit, wir schrieben den 12.06.2005, ich wurde endlich 18 und bei einer der nächsten Trainingseinheiten fragte ich Nobi, ob ich denn ggf. auf dem kommenden Gasshuku in Hannover meine Dan Prüfung ablegen könnte. Er schaute mich nur an und sagte, dass wir lieber noch ein bißchen trainieren sollten und, wenn alles gut läuft, im November in Bremen es probieren sollten, denn der Gasshuku sei jetzt doch ein bißchen zu kurzfristig.
Also gut, die nächsten Monate wurden dann zwei bis drei schweißtreibenden Trainingseinheit pro Woche gefüllt und es fanden sich immer mehr Mutige, die mit mir zusammen das Kapitel Dan- Prüfung bestreiten wollten.
Am 25. Und 26. November 2005 fand der Lehrgang in Bremen statt, der auch die Möglichkeit zur Dan Prüfung bot. Wir vier mutigen Dan Anwärter, Nicole, Markus, Walter und Ich wurden noch von Karen, Eddie und Matthias auf unserer Reise begleitet, die uns immer wieder versuchten ein bißchen abzulenken und sich auch ihre Späße erlaubten, schließlich hatten zwei von ihnen ja schon mindestens eine Dan Prüfung abgelegt.
Wir fuhren also bei schönstem Schneefall nach Bremen, checkten im Hotel ein, welches auch schon einigen Gruppen aus dem Zentral Dojo vor uns schon als Herberge diente und gingen anschließend zur ersten Trainingseinheit mit Shihan Ochi. Am nächsten Tag ging es dann nochmal weiter mit zwei weiteren Einheiten bevor es dann endlich so weit war und wir alle, ich glaube es waren so an die 30 Prüflinge, uns vor einem kleinem Raum mit Judomatten wiederfanden und darauf warteten, endlich rein zu dürfen. Ich hatte dann das Glück gleich in der ersten Gruppe sein zu dürfen. Nachdem wir Ochi unser erlerntes Wissen in den Bereichen Kihon, Kumite und Kata gezeigt hatten wurden wir, ohne eine weitere Bemerkung wieder rausgeschickt und mussten nun darauf warten, bis die anderen Gruppen fertig sind.
Als wir dann endlich wieder reingerufen wurden, war Ochi noch dabei ein paar Unterlagen auszufüllen und wir durften ihm dann dabei zuschauen, wie er vor unseren Augen eine Dan-Urkunde zerriss, was natürlich zu einem kleinem Schock bei uns führte, denn schließlich wollte keiner der sein, dessen Urkunde gerade zerrissen wurde. Am Ende stellte sich dann aber heraus, dass es die Urkunde von einem Prüfling war, der gar nicht angetreten war.
Ich hatte also nun etwas erreicht, wovon ich vor ca. 8,5 Jahren nicht gedacht hätte, es jemals erreichen zu können, ich hatte meinen ersten Dan, es fehlte mir also nur noch mein schwarzer Gürtel. Dieser wurde uns, wie es bei uns Tradition ist, am nächsten Abend bei einem kleinen Beisammensein von Nobi, mit dem Hinweis ihn mit Leben und Wissen zu füllen, überreicht. Man war ich glücklich in diesem Moment.
Das nächste halbe Jahr schrieb ich dann meine Abiturprüfungen und trainierte weiterhin die Jugendlichen, welche aber von Mal zu mal weniger wurden, so dass ich am Ende bei meiner letzten Trainingseinheit mit nur einem Schüler dastand. Es schien also, als wären meine Trainingsmethoden doch ein bißchen zu rabiat gewesen. Vielleicht lag es aber auch daran, und das hoffe ich noch immer, dass die Kinder einfach in ein Alter kamen, wo ihnen andere Dinge wichtiger waren als Karate.
Jahre später erfuhr ich dann von einer ehemaligen Schülerin, dass ich zwar ab und zu etwas zu streng bzw. hart gewesen war, meine Trainingsmethoden und ab und zu auch Strafmaßnahmen aber dazu führten, dass sie sich körperlich doch topfit fand.
Nachdem das Kapitel Karatetrainer für mich nun vorerst zu Ende war, konzentrierte ich mich nun vermehrt auf mein eigenes Training, denn nach der Prüfung ist schließlich auch vor der Prüfung, und wenn man ehrlich ist, denkt man ja ab und an auch an solche Sachen.
Die nächsten 1,5 Jahre vergingen dann auch wie im Fluge und ehe ich mich versah fand ich mich eines Mittwochs bei einer Trainingseinheit wieder, in der Nobi in die Runde fragte, wer denn gerne demnächst Dan Prüfung machen möchte. Bevor ich an der Reihe war, diese Frage zu beantworten, musste Bernd sich Gedanken machen, ob er denn endlich mal, nach so vielen Jahren seinen zweiten Dan ablegen möchte. Er war sich noch unsicher, tendierte aber zu JA. Ich antwortete nur, dass wenn Bernd wirklich Prüfung macht, dann würde ich es auch machen und nach dem Training stand es dann fest, es gab drei Anwärter aus dem Zentral Dojo Braunschweig auf den zweiten Dan, Bernd, Henning und Ich.
Es wurde also wieder Zeit, das Trainingspensum zu erhöhen und wieder dreimal die Woche zu trainieren. Ich wählte mir als Prüfungskata die Bassai-Sho und war dann irgendwann ein bißchen am Verzweifeln, denn Nobi fand immer wieder Details, die es zu verbessern galt, sei es nun, dass mein Stand zu lang oder dass meine Atmung falsch war. Es war einfach zum Verrückt werden.
Nobi fand während der nächsten Einheiten immer wieder Möglichkeiten uns aus unserer Reserve zu locken. Bestes Beispiel hierfür war, fand ich zumindest, als er während des Trainings einfach ein bis zwei weitere Leute ansprach, die dann auf sein Kommando einen ausgewählten Prüfling, während dieser mit einem anderen Partner Freikampf übte, angreifen sollten.
Am 13.12.2008 fand dann hier in Braunschweig ein Lehrgang statt, der von Nobi geleitet wurde, an dessen Ende dann die Dan Prüfung stattfinden sollte. Während des Lehrgangs wurden nochmal alle prüfungsrelevanten Techniken und Kombination durchgegangen.
Wie es bei mir so oft üblich ist, war ich während des Lehrgangs kaum nervös, erst als der Lehrgang dann vorbei war und wir uns für die Prüfung aufwärmten meldete sich die Nervosität bei mir und wollte auch fast nicht mehr verschwinden. Als dann endlich die Prüfung losging, war sie aber doch wieder verschwunden und wir alle versuchten das Erlernte, welches in der Theorie ja immer perfekt klappt, nun in die Praxis umzusetzen. Nach ungefähr 45 Minuten, die einem wie 15 Minuten vorkamen, war die Prüfung vorbei und Nobi beglückwünschte uns alle zu den bestandenen Prüfungen.
Da wir uns ja im Zeitalter der sozialen Netzwerke befinden, hatte ich Ende Juni des Jahres 2010 einfach aus Spaß und ein bißchen Langeweile Jenni, die ich nun schon seit fast 6 Jahren nicht mehr gesehen habe, angeschrieben und sie gefragt, ob sie denn nicht mal wieder Lust hätte zu trainieren. Ihre Antwort ließ dann auch nicht lange auf sich warten und in der stand nur, dass sie in der kommenden Woche zum Training kommt, und auch schon mit Nobi telefoniert hat. Ich hatte also meine alte „Spielkameradin“ wieder und es sollte sich auch nicht so viel geändert haben, denn wir ärgern uns noch immer sehr gerne.
Am 12.12.2010 fand ein Karateseminar mit Nobi und anschließender Danprüfung in Hamburg statt, und ich dachte mir da könntest du ruhig mitfahren und die Prüflinge ein bißchen unterstützen.
Gesagt getan, ich fuhr also nach Hamburg zusammen mit vier Prüflingen. Da ich der einzige im Auto war, der dem Lehrgang sehr entspannt entgegen ging, ich hatte ja nicht vor eine Prüfung abzulegen, ließ ich es mir natürlich nicht nehmen es den anderen auf meine Art und Weise wissen zu lassen. Als Antwort bekam ich aber nur, dass sie sich alle schon freuen, wenn ich irgendwann meine nächste Prüfung absolviere und sie sich dann revanchieren können. Da hatte ich nun den Salat.
Anfang 2011 bekam ich dann von Nobi eine E- Mail mit dem Prüfungsprogramm zum dritten Dan und einer Kopie der E- Mail von Frank in der stand das wir beide uns gerne auf eine mögliche Prüfung vorbereiten würden. Tja, da wusste einer scheinbar noch vor mir, dass ich eine weitere Prüfung ablegen möchte und werde. Ich war also wieder in der Prüfungsvorbereitung.
Das nächste ¾ Jahr verflog dann auch wieder viel zu schnell und ich stand wieder in einer Gruppe von Prüflingen vor Nobi.
Und nun stehe ich hier, ein Relikt aus vergangener Zeit, der Letzte, der aus seiner damaligen Kindergruppe übrig geblieben ist.14 Jahre und 6 Monate Karate, eine verdammt lange Zeit, aber ich bin guter Dinge, dass es noch deutlich mehr wird!
Laurent Mau