….auf dem Weg zur ersten Dan-Prüfung

Das Jahr 2010 fing für mich schon irgendwie besonders an. Im März mein Besuch in Japan, der noch immer Begeisterung bei mir auslöst, wenn ich daran denke.

Ich vermute, dass gerade diese noch anhaltende Euphorie über dieses Ereignis meine rechte Armmuskulatur dazu veranlasst hat, tätig zu werden. Ich meine damit den Moment nach dem Training, wo Nobi gefragt hat, wer denn im Dezember diesen Jahres Dan-Prüfung im Karate machen möchte.

Bevor die Worte verhallt waren und mein Gehirn das Gesagte verarbeitet hatte, musste ich feststellen, dass mein rechter Arm sich meldete. Uppps, mein rechter Arm macht Oi-Zuki nach oben. Der erstaunte ungläubige Blick von Nobi über diesen „Muskelreflex“(so nenne ich es mal), war nicht zu übersehen. Aber nun war es passiert. …ich hatte mich zu meiner ersten Dan-Prüfung gemeldet. Nach einem langen Gespräch nach dem Training mit Nobi, war klar, ich muss alles geben. Alles muss so gut wie möglich sein, da ich so gerade an der Mindestvorbereitungszeit lang schramme. Aber wie gesagt, ich war beflügelt von meinen Japaneindrücken, von meinen Fortschritten seit dem ich in unserem Dojo trainieren darf. Ich will nicht verschweigen, dass ich mich im Nachhinein etwas geschämt habe über meine spontane Meldung, ich dachte eigentlich ist es ja besser wenn unser Sensei auf einen zu kommt und sagt, das man soweit ist.

Und natürlich weiß ich, dass es eigentlich nicht wichtig ist welche Farbe der Gürtel hat, aber ich bin ehrlich: Natürlich strahlt dieses lange schwarze Stück Stoff eine gewisse Faszination auf mich aus. Ich denke jeder Karateka oder Budo Begeisterte kann das nachvollziehen. Man möge meinem Ego verzeihen.

Dementsprechend motiviert kam ich zum nächsten Training, aber wie ich es schon in meinem Artikel über Gürtelprüfungen geschrieben habe, der 1.DAN ist die Stufe, wo die Grundtechniken sitzen müssen. Und man steht ab dem Tag, wo man sich anmelden darf zur Dan-Prüfung unter besonderer Beobachtung von Nobi und den anderen Trainern . Das führte dazu, dass er mich fragte, ob ich einen neuen Zuki erfunden hätte ?? Hm, nee eigentlich nicht. Er hatte auch gleich noch einen Namen für das Neukreierte. „Der hängende Faust-Stoß“. Abends zu Hause habe ich schon das erste Mal überlegt, ob ich mich nicht doch lieber wieder abmelde bei der Prüfung. Wenn ich nicht mal einen geraden Zuki hin kriege ?? Was soll das geben ?? Dieses Hin und Her von „Ich schaff das und ich schaff das nicht“ sollte nicht das letzte Mal sein.

Na gut, sind ja noch 6 Monate hin, da kann noch viel passieren und wenn der Mut dann gar nicht mehr reicht, kann ich mich ja immer noch abmelden. Zum Glück ist man ja nicht alleine, Maik und Patricia wollen auch Prüfung machen. Ulrike, Monika und Michael sogar zum 2. Dan, Burki und Eddi wollen Ihre Prüfung zum 4. Dan machen.

Versuche jetzt 4-5 mal die Woche zu trainieren, klappt meistens, versuche möglichst viele Lehrgänge zu besuchen. Dran bleiben, nur nicht krank werden…….aber, wie war das mit übertriebener Leidenschaft ???? Ich denke für die Vorbereitung kann man das etwas großzügiger auslegen.

Das Training ist jetzt immer intensiv und oft stoße ich an konditionelle Grenzen, dann kommen wieder Tage, da ist es, als hätte man ein Brett vorm Kopf und was klappen sollte …..tut es einfach nicht. Aber es gibt auch Tage, wo man denkt „Hey, es wird besser“. Unser Sensei hat dabei immer diese große Gabe einen zu fordern, wenn man es braucht. Einen aufzubauen, wenn man selber nicht an sich glaubt. Und einen auch wieder auf den Boden zu holen, falls der Übermut sich breit machen will. Das Unglaubliche daran ist, dass er es immer spürt…….als wenn man ein Schild mit sich trägt, wo drauf steht „Heute denke ich, ich kann alles“ und er einem dann zu verstehen gibt „ Es ist noch viel zu tun“. Oder man denkt „Es wird nie was“ und er sagt „Dies und Jenes ist besser geworden, du bist auf einem guten Weg“. Dieses Gespür ist beeindruckend. Das hat mir sehr geholfen und ich denke den anderen geht es genauso. Auch Burki hat mich super unterstützt, mir viele Feinheiten gezeigt. Und immer wieder Mut gemacht. Burki vielen vielen Dank für alles !!!!

Wenn man auf etwas hin arbeitet, bekommt Zeit eine völlig neue Dimension, je näher das Ereignis kommt, desto schneller rennt die Zeit, gefühlt zumindest. Und schwupps war es Dezember.

Durch das viele Training und einige Fortschritte, die ich wohl gemacht haben muss, war ich natürlich etwas übermütig geworden und dachte dann, dass ich beim lockeren Randori zum Aufwärmen den Mae-Geri meines Trainingspartners mit dem Daumen blocken kann. Kurzum, das hat nicht ganz so gut geklappt. Resultat war ein angebrochenes Daumengrundgelenk und viel Schmerzen.

Da kam doch schon etwas Panik auf, kurz vor der Dan-Prüfung, sah ich diese schon in weite Ferne katapultiert. Nee, dachte ich……..dann muss es eben mit Schiene und Tape gehen. Was auch mit ein paar schmerzhaften Ungeschicklichkeiten meinerseits eigentlich gut geklappt hat.

Aber es sollte weiter gehen………..noch 2 Wochen bis zur Prüfung. Plötzlich meldet sich Besuch an…….kleine Viren oder Bakterien oder was auch immer, mit der Aufschrift „Erkältung“ dachten, sie gucken so kurz vor der Prüfung auch noch mal vorbei. Sie hatten ein paar Freunde von der Sorte „übler Husten“ auch gleich mitgebracht. Das darf doch bitte nicht wahr sein, dachte ich. Also beim Training habe ich mich dann angehört wie diese alten Dampfloks. Röcheln, Husten, Zischen und wenig Puste……….Bitte bitte wieder gesund waren meine Gedanken. Egal…..weitermachen, wird schon. So…..Erkältung kling etwas ab, noch drei Tage dann geht’s nach Hamburg. Vorher 4 Stunden Karatelehrgang, dann Prüfung……..halt ich nie im Leben durch, denke ich die ganze Zeit. Um es Krankheitsmäßig abzurunden, habe ich mir dann, so als Bonbon zum Schluß noch die Schulter gezerrt, weil ich wie ein Akrobat meine Kopfstütze im Auto verstellen wollte, diese Bewegungen hatte ich wohl mal im Zirkus bei diesen Schlangenmenschen gesehen. Wieder höllische Schmerzen. Es kann alles nicht wahr sein, es kann nicht gut gehen, davon war ich fast schon überzeugt. Ich habe dann Nobi angerufen und gefragt was ich tun soll. (Unser Sensei musste sich alle meine Leiden anhören, ich möchte mich dafür noch mal entschuldigen). Irgendwie komisch, weil immer wenn ich dann aufgelegt habe, habe ich mich wieder besser gefühlt .

Jetzt ist es gekommen, das besagte Wochenende. Sachen sind gepackt. Hole Monika ab und los geht´s. Strassen sind auch frei……zumindest der Winter meint es an diesem Wochenende gut mit uns. Wir hören Musik über Monikas I-Pod, also über mein Autoradio…..ein Kabel im Zigarettenanzünder und ein Kabel mit Etwas dazwischen und eine freie Radiofrequenz spielen Ihre Musik im Autoradio. Vielen Dank Monika, da ich die ganze überlegt habe, wie das wohl funktioniert und was es alles so gibt………konnten keine komischen Gedanken aufkommen.

Die Fahrt war sehr harmonisch und wir haben uns gegenseitig Mut zu gesprochen. Wir sind dann gut beim Kyodo Dojo in Hamburg angekommen. Wirklich ein schönes, liebevoll gestaltetes Dojo. Wir haben dann Nobi, Christiane, Thomas und Sven getroffen und noch einen Kaffee in einem netten Bio-Café um die Ecke genommen.

Danach war Iaido-Training, na ja………ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich mir vor der Karate Prüfung noch ein Iaido-Seminar gönne. Ist das die besagte „übertriebene Leidenschaft“?

Ich weiß es nicht, ich kann nur sagen, dass Iaido zu trainieren auch etwas ganz Besonderes ist und mir super Spaß macht.

Erwähnen muss ich, das am Ende des Iaido Seminars noch Prüfungen abgenommen wurden von Nobi Sensei. Und ein absolutes Highlight dieser Prüfungen war für mich, das ich bei Sven´s Kenshibudo-Prüfung zum 1.Kyu zu schauen durfte. Das war absolut klasse, Sven hat so eine anmutige Ausstrahlung dabei……einfach schön. Man kann sich nur respektvoll verneigen vor deiner Leistung.

Wir haben dann im Dojo bei Thomas geschlafen, also Monika, Sven und ich…………das war sehr, sehr nett. Also wie gesagt, das Angebot für die Karate WG steht……….aber nur wenn Ihr versprecht, nicht immer Fotos von mir zu machen , wenn ich schlafe :) und Monika einen Kurs mit dem Titel „ Warum sollte Kaffee nicht aussehen wie schwarzer Tee“ besucht :).

Nach einem klasse Iaido Seminar am Samstag, war es nun endlich soweit. Sonntag Karate Lehrgang und dann Prüfung. Mir tat alles weh, meine Arme habe ich kaum noch gespürt und meine Schulter wollte sich auch noch ein bisschen in den Vordergrund spielen. Na ja, so ca. 4 Std. Iaido Seminar waren für mich auch schon sehr anspruchsvoll. Aber ich wollte es ja so.

Wir haben morgens nett gefrühstückt im besagten Bio-Café um die Ecke. Sehr lecker, wie übrigens auch die anderen zwei Lokale, wo wir abends waren.

Wieder im Dojo, trafen dann nach und nach alle Seminarteilnehmer und Prüflinge ein. Die Spannung war spürbar. Endlich geht es los, Karate Lehrgang, 4 Stunden. Nach der ersten Einheit war mein Gi so voll Schweiß, dass ich gedacht habe, ich packe das nicht. Der Lehrgang war super und er war so genial strukturiert, dass alle durchgehalten haben. Faszinierend, die einzelnen Elemente waren so wie das Karate……mal hart, dann wieder weich…….schnell und wieder langsam. Ich hab es durch gestanden, alles gegeben. Anschließend hatten wir dann die Prüfung. Durchatmen, alles ausschalten was stört im Kopf und los.

Am Ende haben alle bestanden.

Wir haben uns dann noch in Braunschweig im Dialog zum Anstoßen getroffen. Aber ehrlich, ich war total kaputt, glücklich und irgendwie hatte/habe ich es noch nicht richtig realisiert.

Die Vorbereitungszeit hat viel Spaß gemacht, es gab Momente, da habe ich gedacht es könnte doch einfach so weiter gehen, denn ich habe diese Zeit als so intensiv und schön empfunden. Aber nichts bleibt wie es ist. Wie war das neulich beim Training: “Heiter immer weiter“ !!

Vielen Dank Nobi, dass ich Dein Schüler sein darf.

Vielen Dank Burki für Deine Unterstützung .

Vielen Dank an alle anderen Dan-Träger die mich beim Training unterstützen.

Vielen Dank auch an alle anderen im Dojo, dass Ihr uns alle während der Dan-Vorbereitung so geduldig unterstützt habt .

Vielen Dank Thomas, dass wir in Deinem Dojo sein durften, ich hoffe es gibt bald wieder einen Lehrgang in Hamburg.

……….wenn man die Wolken durchschritten hat und glaubt den Gipfel erreicht zu haben, wird man feststellen, dass man erst am Fuß des Berges angelangt ist.


Oss Olli