Tradition der Dojo-Etikette oder Wo sind die Ursprünge?

In den Krieg ziehen. Eine der Eigenarten, die der Mensch wohl noch ablegen muss, will er nicht eines Tages sein eigener Untergang sein. Wie viele Nationen bilden die Japaner hier keine Ausnahme und blicken auf eine lange, blutige Vergangenheit zurück. Teil dieser Vergangenheit sind natürlich auch die traditionellen japanischen Kriegskünste, einst einzig zu dem Zweck des Tötens entwickelt, bekamen sie durch Ausstattung mit dem Do, erstmals während der weitestgehend friedlichen Edo Periode, einen neuen, spirituellen Inhalt. Das beschreiten des Do durch das Budo, als Lebensweg. Inhalt des Budo ist auch eine Etikette, die heute in weiten Teilen der japanischen Gesellschaft verbreitet ist und seine Ursprünge in alten Samurai-Traditionen findet. Eng verbunden damit ist der alte Clan der Ogasawara. Neben der Tradition der Etikette ist der Clan vor allem berühmt für die Kunst des Bogenschießens. Noch heute ist das Ogasawara-Ryu einer der großen Kyudo Stile in Japan. Besonders bekannt ist die Schule allerdings für das Schießen vom Pferderücken, dass noch regelmäßig beim Yabusame-Ritual demonstriert wird.
Seit dem 12. Jahrhundert waren die Ogasawara Ausbilder und Zeremonienmeister am Hofe der Shogune, wobei sie sich hier in erster Linie für die Kriegskünste verantwortlich zeichneten. Die Regeln der Etikette gehörten zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu den wichtigsten Fertigkeiten eines Kriegers.
Nach dem Zusammenbruch des Kamakura Shogunats (1333) diente das Oberhaupt des Clans Sadamune dem Kaiser Godaigo, der die Schule der Ogasawara für Etikette zum allgemeinen Codex der Krieger-Klasse erklärte. Nachher schloss sich Sadamune dem Muromachi Shogun Ashikaga Takauji an (um 1338). In der Folge dienten die Ogasawara den Ashikaga mehrere Generationen und unterrichteten an deren Hof nicht nur Bogenschießen und Reitkunst, sondern auch die Bräuche der Männerwelt, Hochzeitsriten und andere zeremonielle Etikette.
Drei Generationen später wurde auf Geheiß des damaligen Ashikaga Shoguns die Grundlagen der Ogasawara Etikette in einem Buch, dem sogenannten „Sangi Itto“, zusammengetragen, da dieser den Verfall der höfischen Etikette beklagte.
Bis in die Edo Zeit (1600-1868) war diese Form der Etikette allein unter den Samurai verbreitet. Erst als sich während der friedlichen Edo Periode unter dem Tokugawa Shogun Tsunayoshi (1646-1709) ein wichtiger gesellschaftlicher Wandel abzeichnete, die Krieger-Klasse der Samurai wurde immer abhängiger von der aufstrebenden Klasse der Kaufleute, wurde es als notwendig erachtet einen Standard der Etikette für eine breitere Schicht der Gesellschaft zu finden. Die Ogasawara Schule wurde als Standard ausgewählt.
Auch heute noch gilt das Ogasawara-Ryu als Grundlage für formelle Etikette in der japanischen Gesellschaft. So bietet die Ogasawara Schule neben verschiedenen Standardkursen für Anfänger bis Fortgeschrittene, auch Seminare für die Ausbildung von Firmenmitarbeitern und Schulen oder Betreuung von Hochzeiten an.
Als Grundlage der Etikette in der japanischen Gesellschaft und aus der Kaste der Samurai stammend, bildet das Ogasawara-Ryu somit auch die Grundlage der Umgangsformen im Budo.
Kern dieser Lehren sind konfuzianisch inspirierte Regeln des Benehmens, die auf einem klassischen Moralsystem der Höflichkeit und des Respekts, sowie der Achtung gegenüber Älteren basiert.
Ein weiterer wichtiger Abschnitt auf dem Weg zu den Regeln die uns heute im Budo unseren Weg weisen sollen, war die Begründung der Dojokun durch Meister Sakugawa Teruya Kanga/Shungo. Angeblich sollen sie auf Regeln zurückgehen, die schon der buddhistische Mönch Bodhidharma in Indien aufgestellt hat. Der gleiche Bodhidharma, der die Kampfkunst nach China gebracht haben soll..breakSakugawa lebte von 1733-1815 auf Okinawa und war Schüler bei dem Mönch Takahara Peichin, trainierte aber auf Geheiß seines Meisters u.a. auch bei dem chinesischen Kampfkunstexpertin Kushanku, von dem er auch die gleichnamige Kata lernte und in das Shorin ryu übertrug. Nach dem Tod seines Meisters reiste er häufig nach China, wodurch seine Kampfkunst stark geprägt wurde. Es kam nicht von ungefähr, dass gerade er die Dojokun in die okinawanische Kampfkunst integrierte, denn er war bekannt dafür sehr viel Wert auf das richtige Verhalten seiner Schüler zu legen. So hielt er seine Kata geheim, bis er von der inneren Haltung eines Schülers überzeugt war.
Meister Funakoshi Gichin (1868-1957) ist dann als derjenige bekannt geworden, welcher das Karate von Okinawa nach Japan brachte. Hier musste dem Karate auch die ein oder andere Wandlung unterzogen werden, damit es von der „Dai Nippon Butokukai“, dem höchsten Gremium der japanischen Kampfkünste, offiziell als Budo-Disziplin anerkannt wurde. Die Aspekte, die das Budo verkörpern waren Funakoshi sehr wichtig. So versuchte er gegen Ende seines Lebens der, von einer Vielzahl seiner Schüler u.a. auch seinem Sohn Yoshitaka, ausgelösten starken Versportlichung des Karate mit Hilfe seiner Schüler Shigeru Egami und Geshin Hironishi noch einmal entgegen zu wirken, indem sie mit Gründung des Shoto-Kai eine Rückkehr zum Wesen des Karate beschließen. Hierzu gehört auch die Verbindung des Karate mit Budo, was ein spirituelles Training mit einschließt. Meister Shigeru Egami verfolgte diesen Weg auch nach Funakoshi's Tod als Leiter der Shoto-Kai Organisation und Funakoshis offizieller Erbe konsequent weiter. So war es sein Ziel Karate-do als Weg des Inneren Kampfes mit sich selbst zu präsentieren. Das Do sollte ein Weg der Selbstverwirklichung sein und kein unkontrollierter Kampf.
Funakoshi legte seinem Karate zudem 20 Regeln, die Niju Kun, zu Grunde, die das Wesen und die Verhaltensweisen beim erlernen des Karate-do beschreiben. Die Überlieferung besagt, dass der Großvater von Funakoshi, ein bekannter Gelehrter, ihm die konfuzianischen Klassiker näher brachte, welche die Grundlage für seine späteren moralischen Lehren bilden sollten.
Hier schließt sich der Kreis zu den japanischen Etikette Traditionen, welche ja, wie oben festgestellt, ebenfalls auf den konfuzianischen Lehren fußen.

Quellen:
Gichin Funakoshi: Karate-do, My Way of Life. Tokyo, 1975.
Thomas Heinze: Die Meister des Karate und Kobudo, Teil 1: bis 1900. Seelow, 2009.
Salvador Herraiz, Alfredo Tucci: Die großen Meister des Karate-Do und die Tradition auf Okinawa. 2008.
Werner Lind: Die Tradition des Karate. Heidelberg/Leimen, 1991.
Werner Lind: Budo, Der geistige Weg der Kampfkünste. München, 2004.

www.ogasawara-ryu.gr.jp

www.ogasawara-ryu.com

http://en.wikipedia.org/wiki/Ogasawara_clan